Unsere Nase im Labor - SPME Headspace GCMS von Whisky


Während meiner Arbeit als Chemiker in der Pflanzen- und Holzchemie, untersuchen wir zum Beispiel, ob und in welchem Maße flüchtige Stoffe von verschiedenen Materialien abgegeben werden. Ein typisches Beispiel ist die Emission von Formaldehyd aus z.B. Faserplatten. Formaldehyd kommt hier im Klebstoff vor, welcher die Fasern zusammen hält. Allerdings bindet dieser nicht vollständig ab, und wird dann über die Zeit wieder abgegeben. Da dies gesundheitlich problematisch ist, ist es natürlich im Interesse der Kunden, aber auch der Hersteller, diese Emission zu vermeiden. Um zu prüfen ob und wie stark Materialien flüchtige Verbindungen an die Umgebung abgeben, nimmt man eine Probe aus der Gasphase über den zu untersuchenden Materialien und kann diese abgegebenen Verbindungen durch einen Gaschromatographen voneinander trennen. Anschließend werden diese Substanzen mittels Massenspektrometrie identifiziert. Kurz nennt sich diese Methode Headspace GCMS. In Abbildung 1 ist ein GC/MS-Gerät zu sehen.

Abbildung 1: GC/MS-Gerät der Firma Shimadzu.

Diese Methode kann man natürlich nicht nur anwenden um giftige Substanzen aus Baumaterialien nachzuweisen. Man kann mit dieser Methode nahezu jede Substanz untersuchen, welche gasförmig vorliegt. Auch für die flüchtigen Aromen im Whisky wird diese Methode genutzt.[1] Wenn wir etwas riechen, liegt es daran, dass  sich Moleküle durch Sublimation oder Verdunstung in der Luft befinden. Durch die Anbindung dieser Moleküle an Geruchsrezeptoren in unserer Nase, wird für uns der typische Geruch dieser Verbindung erzeugt.  Bereits in einem vorherigen Artikel zum 13 jährigen Tormore von Gordon & MacPhail, habe ich über die Bedeutung von Estern am Whiskyaroma geschrieben. Diese Ester wurden nun versucht nachzuweisen. Der folgende Artikel wird im Stil eines Protokolls geschrieben. Bevor die Ergebnisse dargestellt werden, wird die Methodik des Versuchs erläutert. 

Methodik: 

Für die Gasphasen-Untersuchungen wurden zwei Whiskys ausgewählt. W1: Tormore, 13 Jahre von Gordon & MacPhail (43 vol.-%); W2: Edradour, 10 Jahre von Signatory Vintage (46 vol.-%). Je 2 mL dieser Proben wurden in Probengefäße (sog. Vials) gefüllt und verschlossen. Diese Proben wurden nun bei 40°C in einem Ofen für 5 min temperiert. Dies hat den Effekt, dass die flüchtigen Verbindungen sich in der Gasphase anreichern (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Prinzip der Anreicherung von flüchtigen Verbindungen in der Gasphase.

Nach 5 min wird nun eine beschichtete Faser, durch ein Septum in das Vial gegeben und für 15 min der Gasphase über dem Whisky ausgesetzt. (Vgl. Abbildung 3) An dieser Faser, adsorbieren die Moleküle der Gasphase. Diese Methodik nennt man SPME (Solid Phase Micro Extraction, engl.: Festphasen Mikroextraktion). Die Faser in diesem Versuch ist eine mit Car/PDMS (Carboxen, Poly(dimethylsiloxan)) beschichtete Faser, welche besonders gut für die Analytik von Ester-Verbindungen geeignet ist.[2]

Abbildung 3: Prinzip der Adsorption von flüchtigen Verbindungen an der SPME-Faser.

Im Anschluss wird die, nun mit Molekülen beladene, Faser wieder entfernt und ists nun bereit für die Messung. Dazu wird die Faser durch eine Öffnung in einen kleine Heizkammer am Gaschromatographen gebracht. Durch erhitzen dieser Kammer auf 260 °C, können die Moleküle nicht mehr an der Faser halten, sie desorbieren. Der genutzte Gaschromatopraph/Massenspektrometer ist ein GCMS-QP2010S von der Firma Shimadzu. Die von der Faser abgegebenen Moleküle werden nun durch eine mehrere Meter lange und sehr dünne Säule geschickt. Währenddessen sie die Säule durchlaufen, werden schwerere, größere und Moleküle mit wenig Sauerstoff-Atomen zurückgehalten, kleine, leichte und polarere Moleküle wandern sehr schnell hindurch. Auf diese Weise werden die verschiedenen Verbindungen voneinander getrennt. Man erhält ein sogenanntes Chromatogramm. Mittels Analyse durch ein Massenspektrometer, kann man im Anschluss jede dieser Verbindungen, welche aus der Säule austreten, einer bestimmten Substanz zuordnen. In diesem Versuch werden die flüchtigen Bestandteile der Whiskys qualitativ und semi-qualitativ untersucht.

Abbildung 4: Whiskyproben in verschlossenen Vials.        Abbildung 5: SPME-Faser im Proben-Vial.


Ergebnisse:

Nach der Messung erhält man ein Chromatogramm der Verbindungen aus der Gasphase, welche über die SPME-Faser in das Gerät gebracht wurden (Siehe Abbildungen 6 & 7). Die detektierten Verbindungen lassen sich in 3 Hauptkatergorien einteilen: Alkohole, Ester und Acetale (Tabelle 1). Neben diesen Verbindungen ist auch Furfural in beiden Whiskys zu finden. Die Substanzen mit dem größten Anteil sind in den Chromatogrammen gekennzeichnet und mit Name sowie in Klammern mit den damit assoziierten Gerüchen beschriftet.

Tabelle 1: In den untersuchten Whiskyproben enthaltene Alkohol-, Ester- und Acetal-Verbindungen.
Alkohole Ester Acetale
  Propanol  Ameisensäureethylester Ethane, 1,1-diethoxy
    2-Methylpropanol    Ethylacetat Butane, 1,1-diethoxy
    2-Methylbutanol    Essigsäureisobutylester   Butane, 1,1-diethoxy-3-methyl  
    3-Methylbutanol     Essigsäurebutylester Hexane, 1,1-diethoxy
  Hexanol  Essigsäurehexylester

Essigsäurephenylethylester

Buttersäureethylester

Isoamylester

   2-Methylbuttersäureethylester  

Hexansäureethylester

Oktansäureethylester

Nonansäureethylester

Decansäureethylester

Undecansäureethylester

Docansäureethylester

Pentadecansäureethylester


In der Probe des Bourbon-Fass gereiften Whiskys (Tormore, 13 Jahre) sind neben 2- bzw. 3-Methylbutanol, vor allem Octan- und Decansäureethylester mit großen Anteilen zu finden, welche für die typischen floralen und süßen Aromen, welche typisch für Whiskys von der Speyside sind, verantwortlich. Außerdem befinden sich zu geringeren Anteilen auch Ester-Verbindungen wie der Isoamylester oder Hexan- und Undecansäureethylester als flüchtige Verbindungen im Whisky. Vor allem Isoamyl- und Hexansäureethylester zeigen einen typischen Geruch von exotischen Früchten wie Ananas, Banane und Birne. Durch die Verbindung Undecansäureethylester kommen Kokosaromen n diesen Whisky. (Vgl. Abbildung 6) Außerdem konnten Ethylacetat, Essigsäurephenylethylester, Nonansäureethylester  in  geringen Mengen nachgewiesen werden. Auch die Acetalverbindungen Ethan- und Hexan, 1,1-diethoxy wurden gefunden, ebenfalls mit einem fruchtig süßen und exotischen Geruch von Birne und Apfel.

Im Gegensatz zum Bourbonfass gereiften Whisky wurde auch ein Edradour aus dem Sherry-Fass untersucht. Hier konnten wie auch schon in der Probe des Tormores die Verbindungen 2- und 3-Methylbutanol, Octan- und Decansäureethylester detektiert werden. Ein großer Unterschied besteht hier in dem hohen Gehalt an Ethylacetat, welches leimige und süße fruchtige Aromen zeigt und eine typische Verbindung in Sherry-Weinen ist.[3] Außerdem waren auch hohe Gehalte des Essigsäurebutylesters (mit einem Aroma von Banane und Kirsche) und des Dodecansäureethylesters (Floral, Kirsche, Pfirsich) vorhanden. Während im Tormore nur zwei Acetal-Verbindungen nachgewiesen werden konnten, wurden im Edradour 4 verschiedene Acetale gefunden. Vor allem Butane, 1,1-diethoxy zeigt ein erdiges, öliges und beeriges Aroma und das iso-Butan, 1,1-diethoxy weist ein herbes pfeffriges, erdiges Aroma auf. Diese Acetale sind ebenfalls bereits bekannte Bestandteile von Sherry-Weinen und Sherryfass gelagerter Whiskys. [4]
Abbildung 6: Chromatogramm der SPME-Headspace Messung des 10 jährigen Edradour aus dem Sherry-Fass.
Zusammenfassung:

Es konnte gezeigt werden, dass mittels SPME-Headspace GCMS die Gasphase, sprich die Nase des Whiskys, untersucht und qualitativ analysiert werden kann. Durch Nutzung einer geeigneten Faser (in diesem Fall mit einer Car/PDMS Beschichtung) können die flüchtigen Ester, Alkohol und Acetal-Verbindungen nachgewiesen werden.
Die beiden untersuchten Whisky-Proben, welche beide von den Highlands stammen, wurden in zwei verschiedenen Fässern gereift - ehemalige Bourbon- und Sherry-Fässer. Man findet im Whisky aus dem ehemaligen Bourbon-Fass vorallem Ester mit einer exotischen Note. Die meisten zeigen einen Geruch von Ananas, Äpfeln und Birnen sowie Kokos- und florale Noten. Diese Aromen konnten den entsprechenden Verbindungen zugeordnet werden.
Im Unterschied dazu, konnten im Whisky aus einem Sherry-Fass auch Verbindungen gefunden werden, welche Aromen von dunkleren Früchten wie Kirsche, Pflaumen und Trauben besitzen. Außerdem befinden sich vermehrt Acetat-Verbindungen mit einem erdigen Aroma und einen höheren Anteil an Furfural und Isoamylester.

Durch Nutzung einer Faser mit anderer Beschichtung, ist es auch möglich phenolische Substanzen (vorwiegend verantwortlich für die rauchigen Aromen) zu adsorbieren und zu analysieren.[2]

Das wars auch schon wieder. 
Bis zum nächsten Mal.

Whisky and Molecules



Referenzen:  

[1] Fitzgerald, G., James, K. J., MacNamara, K., & Stack, M. A. (2000). Characterisation of whiskeys using solid-phase microextraction with gas chromatography–mass spectrometry. Journal of Chromatography A, 896(1-2), 351-359.

[2] Câmara, J. S., Marques, J. C., Perestrelo, R. M., Rodrigues, F., Oliveira, L., Andrade, P., & Caldeira, M. (2007). Comparative study of the whisky aroma profile based on headspace solid phase microextraction using different fibre coatings. Journal of Chromatography a, 1150(1-2), 198-207.

[3] Zea, L., Serratosa, M. P., Mérida, J., & Moyano, L. (2015). Acetaldehyde as key compound for the authenticity of sherry wines: a study covering 5 decades. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety, 14(6), 681-693.

[4] Maarse, H. (2017). Volatile compounds in foods and beverages. Routledge.


Untersuchte Whiskys: 
W1: Tormore von Gordon and MacPhail, Discovery Range, 13 Jahre, Bourbon-Fass, WBID: 112753.
W2: Edradour von Signatory Vintage, The Un-Chillfiltred Collection, Fass Nr. 14, 10 Jahre, Sherry-Fass, WBID: 141367.

Parameter der GC/MS Messung:
Splitless incections mode. initial oven temperatur: 40 °C (for 1 min). 
Then increased the oven temperatur in three steps: 
1.) 40 - 120 °C (Heating rate: 1 K/min)
2.) 120 - 180 °C (Heating rate: 1.8 K/min)
3.) 180 - 260 °C (heating rate: 25 K/min)
The injector temperatur was 260 °C and the transfer line was held by a temperatur of 220 °C.
Carrier gas: Helium (AirLiquide) qith an column-head pressure of 44 kPa.
The mass-to-charge ratio range was 30 - 600 m/z.