Caol Ila - 8 Jahre, Whisky Meets Wine - Phenole und Rauch

Frohes neues Jahr miteinander!

Ich habe bewusst auf einen Endjahres-, Neujahrs- oder Jahresrückblickpost verzichtet. Dennoch wünsche ich allen Lesern alles Gute und vor allem Gesundheit, Freude und viele neue Eindrücke!
Prosit Neujahr. 

Nun zurück zum eigentlichen Thema: Mein erster Beitrag dieses Jahr.
Es geht um Rauch! Vor allem Whiskys von der schottischen Insel Islay sind für ihre komplexen Raucharomen bekannt und werden weltweit von Liebhabern sehr geschätzt.

Wie der Rauch in den Whisky kommt wissen die meisten. Aber welche Verbindungen sind es die diese rauchigen, maritimen und medizinischen Aromen auf unsere Zunge bringen?

Diese Verbindungen, welche durch die Pyrolyse des Torfs enstehen und sich anschließend auf das Malz legen, sind aromatische Stoffe: Phenole und dessen Derivate, welche sich durch unterschiedliche Substitution am aromatischen Ring unterscheiden. In der nachfolgenden Tabelle sind einige (die wichtigsten) dieser Verbindungen aufgelistet und den entsprechenden Aromen zugeordnet.[1, 2, 3]

Name Aroma Siedepunkt (°C)
Phenol karbolisch, phenolisch, medizinisch 182
o-Cresol Teer, medizinisch, muffig 191
m-Cresol Teer, medizinisch 203
p-Cresol Teer, medizinisch 202
Xylenole Teer, leicht süßlich 203 - 226
Guaiacol kohlig, rauchig, medizinisch 205
4-Ethylphenol Lösungsmittel, Pferdeschweiß, Leder 219
4-Ethylguaiacol würzig, Nelken, Zimt 235
Eugenol würzig, orientalisch, Nelken 253

Wie stark ein Whisky nun nach Rauch schmeckt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Zum einen vom Anteil dieser phenolischen Verbindungen im Malz. So gibt der Hersteller von Rauchmalz diesen Gehalt in ppm (parts per million) an. Dieser Wert wird von vielen Destillerien für ihre Abfüllungen angegeben. Allerdings sagt dieser Wert nicht wirklich viel darüber aus, ob ein Whisky nun stark oder eher mild rauchig ist. Denn viel entscheidender als der Anteil der phenolischen Verbindungen ist der Destillationsvorgang und die Lagerungsdauer. Betrachtet man die Siedepunkte der am Raucharoma beteiligten Verbindungen (siehe Tabelle), sieht man, dass sie deutlich oberhalb des Siedepunkts von Ethanol  (78,3 °C) liegen. Sie befinden sich somit vorwiegend in der End-Phase der Destillation und im Nachlauf. Der Destillateur hat es also selbst in der Hand wie stark rauchig sein Whisky wird und kann selbst aus einem Malz mit über 200 ppm phenolischem Anteil einen mild-rauchigen Whisky herstellen. 

Nun ist es so, dass gerade junge getorfte Whiskys einen besonders starken und aufdringlichen Rauch-Charakter zeigen. Bei älteren Abfüllungen ist der Rauch hingegen meist gut eingebunden und wesentlich milder. Demzufolge spielt auch die Lagerungsdauer eine entscheidende Rolle. während der Lagerung in Eichenfässern kommt es zur Extraktion von Verbindungen aus dem Fass, welche fruchtige und florale Noten in den Whisky bringen, außerdem werden Verbindungen wie Phenole und Cresole in der Kohleschicht des Fasses adsorbiert. Neben diesen physikalischen Vorgängen können Verbindungen wie z.B. Eugenol zu Vanillin oxidiert werden. All diese Prozesse fasst man als Reifung- bzw. Alterung zusammen und sorgen maßgeblich dafür, dass ältere Whiskys deutlich runder, weniger aggressiv und nicht mehr vom Rauch überlagert wirken. Jeder der einen 10 jährigen Laphroaig und im Vergleich dazu einen 15 jährigen Laphroaig kennt, weiß was gemeint ist, wenn von junger wilder Rauchigkeit bzw. gut eingebundenen Rauch die Rede ist.

All diese Schritte der Whiskyherstellung tragen dazu bei ob ein Whisky rauchig bzw. wie stark rauchig er ist. Somit macht die Angabe von ppm bezogen auf das verwendete Malz nur aus Gründen des Marketings Sinn. Für die Whiskytrinker würde eine Angabe von ppm bezogen auf das Destillat mehr Sinn machen. (Das trauen sich aber bisher nur die wenigsten.)

Passend zum Thema Rauch habe ich gerade einen 8 Jahre alten Caol Ila im Glas. Den Dresdner Messewhisky von der Whisky und Genuss Messe 2019. Ein Heimspiel sozusagen.
Jedes Jahr zur Messe gibt es eine Abfüllung unter dem Motto "Whisky Meets Wine".
Soweit ich weiß, ist es die Nummer drei dieser Reihe und der erste rauchige.
Dieser Caol Ila hat sein Finish (19 Monate) im Dresdner Acolon-Fass vom Weingut Lutz Müller aus dem Dresdner Elbtal erhalten. Acolon ist ein seltener Rotwein und wird in etwa nur auf 0,5 % der deutschen Anbaufläche für Wein angebaut, was ihn zu etwas besonderem macht. So einen Schluck dürfte man so schnell nicht wieder bekommen.
Ich persönlich hege eine Vorliebe für rauchige Whiskys mit einem (Rot-)Weinfass-Finish. Oft wirken gerade junge Whiskys durch dieses Finish deutlich älter. Die fruchtigen und würzigen Rotweinnoten harmonieren sehr gut mit den Raucharomen und sorgen für eine tolle Aromenvielfalt in der Nase und am Gaumen. So auch bei diesem Whisky. 
Er kommt mit 46 vol.-% daher und wird in einer 0,5 L Abfüllung angeboten. Insgesamt wurden 436 Flaschen abgefüllt.
In der Nase hat dieser junge Caol Ila zunächst nur zurückhaltende Raucharomen und keinen scharfen Alkohol-Stich. Im Vordergrund stehen hier eher Weinaromen, eine ansprechende Würzigkeit, Kräuter und etwas dunkle Früchte. Er wirkt deutlich älter als 8 Jahre. Hier hat sich das Finish wirklich klasse ausgewirkt und bindet den Rauch sehr gut ein. Nach einem kurzen Moment kommen die typischen Caol Ila Aromen durch und zeigen neben Lagerfeuerrauch auch deutlich geräucherten Speck.
An den Lippen ist er leicht salzig. Im Gaumen zeigen sich zunächst wieder deutlich die Weinaromen. Zu der angenehmen Süße kommt ein typisch junger Caol Ila-Geschmack dazu, auch hier wieder rauchiger Speck und etwas Leder. Wunderbar kombiniert mit der Würzigkeit des Weins schmeckt man gegen Ende etwas Kaffee und dunkles Brot, was Erinnerungen an Pumpernickel weckt. 
Beides bleibt lange erhalten und harmoniert sehr gut miteinander. Diese Kombination ist genau das, was ich an der Rotwein/Rauch-Kombination so schätze. Rauchig, Würzig, derb.
Insgesamt muss ich sagen, hätte ich ihm etwas mehr Prozente gegönnt. Ich denke 50 vol.-% würden ihm auch sehr gut stehen, aber weniger als 46 % auf keinen Fall!

Auf jeden Fall ist dies der beste Messewhisky der Whisky und Genuss-Messe bisher. Die beiden Vorgänger waren gut, aber dieser hier überzeugt mich am meisten! Bis jetzt haben sie sich jedes Jahr gesteigert. Da freue ich mich schon voller Erwartungen auf die 2020er Abfüllung.

Whisky und Molecules

Referenzen:
[1] Mall, V., & Schieberle, P. (2019). On the Importance of Phenol Derivatives for the Peaty Aroma Attribute of Scotch Whiskies from Islay.
[2] Lee, K. Y. M., Paterson, A., Piggott, J. R., & Richardson, G. D. (2001). Origins of flavour in whiskies and a revised flavour wheel: a review. Journal of the Institute of Brewing, 107(5), 287-313.
[3] Lehtonen, M. (1982). Phenols in whisky. Chromatographia, 16(1), 201-203.