Die Bestandteile des Holzes - ein Überblick

In diesem Artikel gebe ich einen Überblick über die verschiedenen Bestandteile des Holzes. Da Holz für den Bau von Fässern verwendet wird, kommt es direkt mit dem Whisky in Kontakt. Dabei treten die einzelnen Holzbestandteile in Interaktion mit dem Alkohol und den darin befindlichen Verbindungen. Grund genug dem Holz mal auf den Zahn zu fühlen.

Holz – ein wunderbarer Werkstoff!


Holz für den Bau von Möbeln, Bodenbelägen oder ganzen Häusern finden wir tagtäglich in unserem Umfeld. Aus Holz stellen wir Papier her und wir gewinnen Energie in dem wir es verbrennen. Holz ist vielseitig.
Auch bei der Reifung von Wein und verschiedenen Spirituosen, z.B. Whisky, wird Holz in Form von Fässern genutzt.
Jeder kennt Holz. Doch aus was besteht Holz eigentlich?

Abbildung 1: Stammquerschnitt einer Fichte. (Bildquelle: Thomas B., Pixabay)

Der Holzaufbau

Holz ist ein natürlicher Verbundwerkstoff. Es besteht aus unzähligen, miteinander verworrenen Celluloseketten. Diese Ketten bilden die sogenannten Fibrillen, welche miteinander verklebt sind und auf diese Weise Schichten, sogenannte Wände, ausbilden. Die einzelnen Schichten sind alle unterschiedlich orientiert und bilden die einzelnen Holzzellen. Der Bereich zwischen diesen einzelnen Zellen, nennt sich Mittellamelle und ist mit einem Füllmaterial aufgefüllt. Schematisch ist der makro- und mikroskopische Aufbau des Holzes in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Schematische Darstellung des Holzaufbaus.


Die an diesem Aufbau beteiligten Holzbestandteile kann man prinzipiell in 3 verschiedene Kategorien einteilen.

1.)        Cellulose – Ein Polymer aus unzähligen, miteinanderverknüpften Glucose-Einheiten
2.)        Lignin – ein Polymer aus verschiedenen aromatischen Verbindungen
3.)        Hemicellulose – ähnlich der Cellulose, besteht allerdings aus unterschiedlichen Monosacchariden
Außerdem sind im Holz noch nicht-strukturgebende Stoffe enthalten:

4.)        Extraktstoffe – der geringste Anteil im Holz (aber auch der vielfältigste)

Jede Pflanze, vom Ahorn bis zum Weizen, besteht aus diesen vier Bestandteilen. Jeder Bestandteil erfüllt seinen eigenen Zweck. In der nachfolgenden Tabelle sind die Anteile der Bestandteile in verschiedenen Holzarten aufgelistet sowie deren entsprechende Funktionen:

Bestandteil
Anteil im Nadelholz [1]
Anteil im Laubholz [1]
Funktion
Cellulose
42 – 47
42 – 57
Gerüstsubstanz (Längenstabilität, Zugfestigkeit)
Lignin
25 - 34
18 – 26
Gerüstsubstanz (Füllmaterial, Druckfestigkeit), UV-Schutz, Wasserbarriere
Hemicellulose
24 - 30
27 - 40
Verknüpfung zwischen Cellulose und Lignin
Extrakte
2 – 9
1 - 11
Dauerhaftigkeit, Fungizid, Fraßschutz, Lockstoffe, …

Cellulose

Neben der Nutzung von Holz als Ganzem, werden die Bestandteile auch einzeln genutzt. Dafür müssen sie durch verschiedene Prozesse voneinander getrennt werden. Die passiert im großtechnischen Maßstab in Zellstoff-Fabriken. Hier werden, mit dem Ziel möglichst reine Cellulose zu gewinnen, Lignin sowie Hemicellulosen gelöst und die einzelnen Cellulosefasern bleiben als eine Art Faserbrei zurück.
Verwendet wird dieser Brei beispielsweise zur Herstellung von Druck- und Schreibpapier oder Hygienepapier wie Taschentücher und Klopapier. Aber auch in zahlreichen anderen Produkten ist Cellulose versteckt. Die Griffe von Schraubenziehern sind oftmals aus dem Kunststoff Cellulose-Acetat hergestellt, welches als Derivat der Cellulose schmelz- und formbar ist. Handydisplays zum Beispiel sind ebenfalls aus Cellulose-Acetat. Aber auch in zahlreichen Nahrungsmittel finden sich die Derivate der Cellulose. Carboxymethylcellulose zum Beispiel, wird als Überzugs- und Verdickungsmittel in der Lebensmittelchemie eingesetzt und findet u.a. in Kokosmilch oder Speiseeis Anwendung.

Abbildung 3: Cellobiose (ein Glucose-Dimer) als Baustein der Cellulose.

Aufgebaut ist Cellulose aus zahlreichen miteinander verknüpfen Glucose-Molekülen. (Abbildung 3) – vereinfacht gesagt aus Zucker. Diese Zuckermoleküle sind über eine glycosidische Bindung (ein Acetal) miteinander verknüpft. Durch molekulare Wechselwirkungen (Wasserstoff-Brückenbindungen) hängen einzelne dieser linearen Ketten fest zusammen. Auf diese Weise können sich die Fibrillen ausbilden. Mehrere dieser Fibrillen bilden die Holzfasern.

Lignin

Lignin, der Füllstoff im Holz, ist verantwortlich für die Druckfestigkeit und die braune Farbe. Lignin ist im Gegensatz zur Cellulose und den Hemicellulosen nicht aus Zuckern aufgebaut, sondern aus 3 verschiedenen aromatischen Grundbausteinen – den Monolignolen. (Abbildung 4 & 5) Diese drei Monomere sind der Cumarylalkohol (H-Typ), der Coniferylalkohol (G-Typ) und der Sinapylalkohol (S-Typ).


Abbildung 4: Die Bausteine des Lignins.        Abbildung 5: Strukturausschnitt des Lignins.


Lignin, fällt während der Zellstoffgewinnung (bzw. Papierherstellung) als Nebenprodukt an und wird zum Großteil verbrannt. Aus der thermischen Energie stellen wir elektrischen Strom her. Dies führt dazu, dass jedes Zellstoffwerk, durch die Herstellung von Cellulose und der Verbrennung von Lignin, komplett Energieautark ist und außerdem noch Strom in das öffentliche Netz einspeist.

Allerdings bietet Lignin auch ein enormes stoffliches Potenzial. Zahlreiche Forschungsgruppen weltweit erkunden neue Wege um Lignin als natürliches Plastik, als Quelle von Grundchemikalien oder zur Herstellung von Carbonfasern zu nutzen. [3] Teils mit großem Erfolg! So ist es heute bereits möglich ligninhaltige Polymere als Schäume oder Gießharze herzustellen.

Lignin – verantwortlich für den Rauch im Whisky:
Bei der Pyrolyse von Torf (Rauchmalzherstellung) kommt es zur Spaltung des im Torf enthaltenen Lignins, wodurch Phenol und eine Vielzahl davon abgeleiteter Verbindungen entstehen. Diese Phenolderivate sind veratnwortlich für den typischen Rauchgeschmack. [4]

Hemicellulose

Da Lignin und Cellulose nicht gut miteinander verbunden werden können, fungiert die Hemicellulose als eine Art Linker. Dieser Linker ist dafür da, Lignin und Cellulose miteinander zu verbinden. Für diese Aufgabe sind die Ketten der Hemicellulose verzweigt aufgebaut und nicht linear, wie die der Cellulose.
Von der Struktur her sind Hemicellulosen ähnlich der Cellulose. Sie bestehen ebenso aus Zuckern. Allerdings bestehen sie nicht nur aus Glucose, sondern auch aus vielen anderen Zuckern wie z.B. Arabinose, Xylose und Galactose.
Hemicellulose-reiche Materialien, können wir z.B. für die Herstellung von Bioethanol nutzen. Aber auch in der menschlichen Ernährung spielen sie eine wichtige Rolle als Ballaststoffe. [2]

Extraktstoffe

Extraktstoffe sind all jene Stoffe, welche nicht strukturgebend sind und mittels Extraktion aus dem Holz gewonnen werden können. Sie sind ganz verschiedener Art.
Eine kleine Auswahl:
Zum einen gibt es die Terpene, welche eine Lock- und Abschreckwirkung besitzen und den Baum somit u.a. vor Fraßschäden schützen. Zum anderen haben wir Fette und Harze, welche von uns Menschen gezielt gewonnen werden: das wohl bekannteste Produkt aus Baumharz ist das sogenannte Kolophonium. Außerdem gibt es, z.B. in der Eiche, die Tannine (Abbildung 6). Sie besitzen fungizide Eigenschaften und sind antioxidativ wirkend. Man nutzt sie als Gerbstoffe und als Lebensmittelzusatzstoff (z.B. im Wein).

Abbildung 6: die Strukturformel von Corilagin - ein Vertreter der Tannine.


Holz & Whisky – Werkstoff und Stoffquelle zugleich

Aus all diesen Gründen ist Holz nicht nur als Werkstoff interessant, sondern auch als chemische Rohstoff-Quelle. Genau diesen Gedanken machen wir uns beim Whisky zu Nutze. 

Werkstoff:
Zum einen wird Holz für die Lagerung von Spirituosen genutzt - als Material für den Fässerbau. Durch seine hohe Verfügbarkeit, der guten Verarbeitbarkeit sowie der Tatsache, dass die meisten Holzarten Flüssigkeiten nicht hindurchlassen, ist es eine optimales Material für die traditionelle Herstellung sowie die Lagerung von Getreide- und Weinbränden. Im Fassbau hat sich vor allem die Eiche durchgesetzt. Aber auch Fässer aus Maulbeerbaum-, Kastanien- oder Akazienholz* findet man immer öfters. 

Stoffquelle:
Durch die Lagerung von Alkohol in Holz, kommt es auch zur Extraktion der Extraktstoffe sowie der durch die Auskohlung entstandenen Abbauprodukte der Holzbestandteile. Diese sind z.B. Vanillin, Quercuslacton, Furfural und auch Tannine. Je nach Stärke des Fass-Toastings sind diese Bestandteile mehr oder weniger stark vorhanden und können in den Brand übergehen.
Aber auch der im Alkohol gelösten Verbindungen ist es möglich in das Holz einzudringen und daran zu adsorbieren. Zum Beispiel werden Phenole, welche durch Verwendung von Rauchmalz in den Whisky kommen, an der Holzmatrix adsorbiert. Dieser Effekt trägt dazu bei, dass rauchige Whisky je älter sie sind, weniger aggressiv rauchig schmecken.

Schlusswort

Zum Schluss ist zu sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass man in Deutschland nicht ganz so strengen Regeln bei der Whiskyherstellung unterworfen ist. Wir können hierzulande, anders als bei den Schotten, welche ausschließlich Eichenholzfässer nutzen dürfen [The Scotch Whisky Regulations, 5], verschiedene Hölzer für die Lagerung von Whisky nutzen. Dass schafft neue Möglichkeiten. Durch die Nutzung alternativer Hölzer, ist es möglich ganz neue Geschmäcker zu kreieren. 

Diesen Beitrag beende ich mit einem ehrwürdigen Zitat von Heinrich Cotta – einem Forstwissenschaftler aus Dresden (Tharandt) – zur Bedeutung der Forstwissenschaft, zu der auch die Pflanzen- und Holzchemie gehört:

„Wenn die Menschen Deutschland verließen, so würde dieses nach 100 Jahren ganz mit Holz bewachsen sein. Da nun letzteres niemand benutzte, so würde es die Erde düngen und die Wälder würden nicht nur größer, sondern auch fruchtbarer werden. Kehrten aber nachher die Menschen wieder zurück und machten sie wieder so große Anforderungen an Holz, Waldstreu und Viehweide, wie gegenwärtig, so würden die Wälder bei der besten Forstwirtschaft allemals nicht bloß kleiner, sondern auch unfruchtbarer werden. Die Wälder bilden sich und bestehen also da am besten, wo es gar keine Menschen und folglich auch gar keine Forstwissenschaft gibt; und diejenigen haben demnach vollkommen recht, welche sagen: Sonst hatten wir keine Forstwirtschaft und Holz genug, jetzt haben wir die Wissenschaft, aber kein Holz. Man kann aber auch mit Recht sagen: Die Menschen sind gesünder, die keinen Arzt brauchen, als die, die es tun, ohne dass daraus folgte, die Ärzte wären schuld an den Krankheiten. Es würde keine Ärzte geben, wenn es keine Krankheiten gäbe und keine Forstwissenschaft ohne Holzmangel. Diese Wissenschaft ist nun ein Kind des Mangels und diese ist folglich sein gewöhnlicher Begleiter.“ H. Cotta (Vorwort, Anweisung zum Waldbau (1817).)

Abbildung 7: Heinrich Cotta. (Bildquelle: Albert Richter "Heinrich Cotta. Leben und Werk eines deutschen Forstmannes".)

Whisky & Molecules

*(Vorsicht! Der hiergenutzte Begriff Akazie steht nicht für die im tropischen Klima beheimateten Acacieae-Arten sondern für Robinia pseudoacacia – hierzulande auch als Robinie bekannt.)


Referenzen

[1] Pettersen, R. C. (1984). The chemical composition of wood.

[2] Anderson, J. W., Baird, P., Davis, R. H., Ferreri, S., Knudtson, M., Koraym, A., ... & Williams, C. L. (2009). Health benefits of dietary fiber. Nutrition reviews, 67(4), 188-205.

[3] Hu, T. Q. (Ed.). (2002). Chemical modification, properties, and usage of lignin (pp. 81-82). New York: Kluwer academic/Plenum publishers.

[4] Harrison, B. M., & Priest, F. G. (2009). Composition of Peats Used in the Preparation of Malt for Scotch Whisky Production Influence of Geographical Source and Extraction Depth. Journal of agricultural and food chemistry, 57(6), 2385-2391.

[5] http://www.legislation.gov.uk/uksi/2009/2890/regulation/3