Wie funktioniert die Destillation?

Seit jeher ist es den Menschen ein Bedürfnis Substanzen zu reinigen. Oder anders ausgedrückt: Stoffgemische zu trennen und die einzelnen Stoffe als Reinform zu gewinnen. Bereits Aristoteles schrieb im vierten Jahrhundert vor Christus von einer Methode Meerwasser in Trinkwasser umzuwandeln.
In diesem speziellen Fall, sollte das im Meerwasser enthaltene Salz entfernt werden. Da das Entfernen von Salz aus einer Flüssigkeit recht umständlich ist und zur damaligen Zeit schier unmöglich, drehte man den Spieß um und entfernte das Wasser aus dem Salz. Der Schlüssel hierzu war der Vorgang der Destillation. Erhitzt man eine Flüssigkeit, so geht diese in die Gasphase über. Kühlt man diesen Dampf, bzw. dieses Gas ab, so wird es wieder flüssig – es kondensiert.

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Abbildung 1: Typische schottische Brennblasen.

Durch die Möglichkeit über alkoholische Gärung Wein und Bier zu erzeugen, war auch die Voraussetzung dafür geschaffen hochprozentigen Alkohol durch Destillation herzustellen. Das Prinzip ist an sich ganz einfach. Nach der Gärung, von z.B. Wein, liegt ein Stoffgemisch vor. Dieses besteht zu ca. 10 vol.-% aus Alkohol (hauptsächlich Ethanol), sehr viel Wasser und den fruchteigenen Inhaltsstoffen des Weins (Tannine, Flavonoide, Fruchtsäuren, Ester, u.v.m.).
Bei der Destillation macht man sich die Eigenschaft von Ethanol zunutze, leichter flüchtig zu sein als Wasser. Reiner Ethanol siedet bereits bei 78,3 °C, reines Wasser dagegen erst bei 100 °C. Erhitzt man den Wein nun auf beispielsweise 85 °C, geht mehr Ethanol in die Gasphase, als Wasser. Durch gezieltes Abkühlen und anschließendem Auffangen des Dampfes, gelingt es, den Alkohol in einer höheren Konzentration zu gewinnen. Das aufgefangene Destillat wird anschließend bis zu drei mal gebrannt. Am Ende liegt ein hochprozentiger (60-90%iger) Feinbrand vor.
Im Grunde entsteht so auch Whisky, allerdings wird für Whisky statt Wein eine Getreidemaische verwendet.

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Abbildung 2: Prinzip der Destillation von Meerwasser, schematisch. Salz (orange) bleibt in der Vorlage zurück.

Da Alkohol und Wasser ein azeotropes Gemisch bilden ist der Übergang von Wasser zu Alkohol im Destillat fliessend und die beiden Stoffe lassen sich nicht nacheinander in Reinform gewinnen. Man erhöht die Alkohol-Konzentration zwar mit jedem Brennvorgang, jedoch ist immer auch ein Teil Wasser mit im Destillat. Aus diesem Grund teilt man die Destillation in verschiedene Phasen ein. Dies hat auch den Vorteil unerwünschte Gärprodukte entfernen zu können.

Die Phasen der Destillation von Alkohol


Bei der Destillation von Alkohol unterscheidet man in vier verschiedene Phasen der Destillation. Die Destillation beginnt mit der Aufheizphase, bei welcher die mit Maische befüllte Brennblase auf Temperatur gebracht wird (Vgl. Abbildung 3). Während dieser Phase tropft kein Destillat aus der Destille.


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Abbildung 3: Theoretischer Verlauf von Temperatur (schwarz) und Ethanol-Konzentration (rot) während des Brennvorgangs.



In der nächsten Phase, dem Vorlauf steigt die Temperatur bis auf etwa 80 °C an. Alles was bis zu diesem Punkt an Destillat aufgefangen wird, bezeichnet man als Vorlaufsfraktion (engl.: head). Neben Ethanol beinhaltet diese Destillat-Fraktion auch das hochgiftige Methanol. Aber auch leicht flüchtige Aromen wie einfache Ester (Ethylacetat) können in dieser Phase enthalten sein. Er hat einen süßen aber scharfen, an Klebstoff erinnerndes Aroma.

Die dritte Phase ist die Phase in der das eigentliche Destillat gewonnen wird, die Ethanol-Fraktion. Am Anfang dieser Phase ist die Alkohol-Konzentration am größten und fällt mit fortschreitender Destillationsdauer ab. Mit der Temperatur verhält es sich andersherum. Die Temperatur steigt mit fortlaufender Destillationsdauer an und gleich sich immer mehr dem Siedepunkt von reinem Wasser an. Das gewonnene Destillat dieser Phase wird Herz genannt (engl.: body). Der Hauptanteil dieser Fraktion ist der Ethanol, aber auch andere Stoffe, verschiedene Aromen sind im Herz des Brandes enthalten. Dies sind vor allem Fruchtaromen.

Nachdem das Destillat eine bestimmte Ethanol-Konzentration unterschritten hat, beginnt Phase Vier. Der sog. Nachlauf (engl.: tail) besteht zu einem Großteil aus Wasser. Allerdings sind in dieser Phase auch sehr viele geschmacksgebende Verbindungen enthalten: höhere Alkohole, Säuren und bei rauchigem Whisky auch die für den Rauchgeschmack verantwortlichen phenolischen Verbindungen. In dieser Fraktion außerdem enthalten sind die sog. Faints, die Fuselöle, welche aus höheren Alkoholen und Fettsäuren bestehen.

Zu welchen Temperaturen die Schnitte zwischen den Fraktionen gesetzt werden und wieviel Vor- bzw. Nachlauf abgenommen wird, entscheidet also über Geschmack und Alkohol-Gehalt des entstehenden Spirits.

Welche Arten der Destillation gibt es?

1.) Pot Still-Destillation zur Herstellung von Single Malt

Bei der Produktion von Whisky werden verschiedene Arten der Destillation angewandt. Zum einen gibt es Whisky aus den sogenannten Pot Stills. Einfache Kupferbrennblasen mit kurzem „Schwanen“-Hals. Die Brennblase selbst weißt von Destille zu Destille unterschiedliche Formen auf, von kugelförmig bis unterschiedlich konisch zulaufenden Formen ist alles zu finden. Während in Schottland zwei Brennvorgänge üblich sind, destilliert man in Irland meist dreimal. Die Getreidemaische wird hierbei zunächst in der Wash Still destilliert. Der daraus gewonnene Rohbrand wird im Anschluss in der Spirit Still erneut gebrannt. Auf diese Weise gewinnt man einen New Make-Spirit mit bis zu 80 vol.-% welcher meist etwas verdünnt und mit ca. 70 vol.-% in die Fässer gefüllt wird.

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Abbildung 4: Spirit Still (Teeling Whiskey Brennerei - Dublin, Ireland)

Bei dieser Art der Destillation ist die Trennung von Alkohol, Wasser und den anderen geschmacksgebenden Stoffen eher schlecht. Der Vor- und Nachlauf wird in der Wash Still nur grob abgetrennt. Oft wird sogar ein Teil des Nachlaufs mit in die Spirit Still gegeben. 
Auf diese Weise können viele geschmacksgebende Stoffe wie Ester, Säuren, höhere Alkohole sowie phenolische Verbindungen mit in das Destillat übergehen und gehen nicht verloren. Wann und wieviel des Vor- und Nachlaufs abgetrennt werden, sorgen maßgeblich für den Geruch und den Geschmack des jeweiligen Whiskys. Aus diesem Grund haben Single Malt Whiskys oftmals einen brennereispezifischen Charakter. Allerdings sorgt diese (vor allem für uns in Deutschland) recht dreckige Art der Destillation auch dafür, dass ein schottischer New Make oft noch nicht wirklich gut schmeckt. Erst durch die Jahre bis Jahrzehnte lange Lagerung in Fässern entstehen wohlschmeckende und aromatisch abgerundete Whiskys.

2.) Kolonnen-Destillation (Coffey Still) zur Herstellung von Grain Whisky


Eine andere Art der Methode und vor allem wesentlich schnellere und ergiebigere Methode ist die Destillation unter Verwendung einer Kolonne. Dieses Verfahren wurde vom Iren Aeneas Coffey perfektioniert und wird seitdem vor allen in den Lowlands und auch Irland zur Herstellung von Grain Whisky genutzt. Auf diese Weise ist es möglich kontinuierlich zu arbeiten und deutlich schneller große Mengen hochreinen Alkohol zu gewinnen. Durch die Verwendung einer sogenannten Kolonne (Vgl. Abbildung 5) wird das Alkohol/Wasser-Gemisch besser aufgetrennt.

In einer solchen Kolonne gibt es mehrere sogenannter Böden, an diesen Böden kondensiert ein Teil des Dampfes (vorwiegend der schwerere Teil, das Wasser) und der leichtere Teil, der Alkohol verbleibt im Dampf und steigt bis zum nächsten Boden auf. An diesem beginnt dieser Prozess erneut. Mit steigender Länge der Kolonne und größerer Anzahl der Böden trennt sich das Gemisch Alkohol/Wasser besser auf und es kann mit nur einer Destillation ein Brand mit mehr als 90 vol.-% Alkohol hergestellt werden. Das Aussehen dieser hohen Kolonnen-Türme aus Edelstahl erinnert oft an den Anblick einer Raffinerie.
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Abbildung 5: Schematische Darstellung der Kolonnen-Destillation.




Wie bei vielen Sachen im Leben, heißt 'schnell' nun mal nicht unbedingt 'besser'. Brände die auf diese Art hergestellt werden, besitzen meist ein deutlich schmaleres Geschmacksspektrum und werden vorrangig für Blends eingesetzt. Grain Whisky ist günstig, im Geschmack recht neutral und kann schnell hergestellt werden. Also perfekt für die Herstellung kostengünstigen Whiskys geeignet.

Allerdings gibt es auch Brennereien, welche Malt Whiskys in Coffey-Distillen herstellen. So z.B. der japanische Nikka Coffey Malt.

3.) Andere Verfahren

Manche Brennereien arbeiten aber auch mit "eigenen" Brennverfahren. Diese sind oftmals modifizierte bzw. kombinierte Verfahren der beiden oben genannten Methoden und funktionieren nach den gleichen Prinzipien.

Ein Beispiel hierzu ist die Penderyn Brennerei in Wales. Penderyn nutzt sogenannte Faraday-Brennblasen (benannt nach einem Nachkommen des bekannten Physikers). Im Prinzip: Pot Stills mit aufgesetzter kurzer Kolonne plus einer zusätzlichen zweiten Kolonne, aus welcher das von den Böden zurücktropfende Destillat wieder in die Brennblase geleitet wird. (Abbildung 6) Eine Art der Destillation wie sie auch bei uns auf dem europäischen Festland, aber auch von vielen Schwarzbrennern verwendet wird. Auch auf diese Weise ist es möglich durch nur einen Brennvorgang auf Alkohol-Konzentrationen von über 90 vol.-% zu kommen. Ähnlich wie beim Coffey-Verfahren, allerdings bleiben durch diese Brennmethode bestimmte Aromen im Brand, vor allem Ester mit Fruchtaromen bleiben erhalten und erklären den typisch fruchtigen Geschmack von Penderyn

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Abbildung 6: Schematische Darstellung einer Faraday Destille.

Eine andere dieser Mischformen ist die sogenannte Lomond Still-Verfahren, welches seit 1955 existiert. Früher haben verschiedene Brennereien wie z.B. Loch Lomond, Bruichladdich oder Glenburgie nach dieser Art destilliert, heute scheint nur noch Scapa mit einer solchen Destille zu arbeiten. Im Prinzip ist es ähnlich dem Faraday-Verfahren. Es besteht aus einer kupfernen, zylindrischen Pot Still auf die eine eher kurze Kolonne mit wenigen Böden aufgesetzt ist. Jeder dieser Böden (perforierte Kupferplatten) sind einzeln steuerbar und es ist möglich deren Temperatur zu regulieren. Auf diese Art und Weise kann der Rückfluss reguliert werden.

Ganz egal welches Brennverfahren angewandt wird, jedes hat Vor- und auch Nachteile. Macht doch gerade die Vielzahl der genutzten Möglichkeiten den Reiz am Whisk-e-y aus. Meiner Meinung nach sollte man anderen Brennmethoden gegenüber nicht verschlossen sein und auch mal Neues probieren! Auch ein guter Single-Grain kann hervorragend schmecken und unsere Nase und Gaumen überraschen.

Bleibt Gesund!

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